Warum erste Hilfe am Arbeitsplatz entscheidend ist
Obwohl in vielen Betrieben gesetzliche Vorgaben zur ersten Hilfe existieren, sind nicht alle Mitarbeiter mit den Maßnahmen und Regeln vertraut. Fehlende Kenntnisse oder Unsicherheiten führen häufig dazu, dass wertvolle Zeit verloren geht, wenn ein Unfall passiert. Hier setzen strukturierte Erste-Hilfe-Konzepte an: Sie helfen dabei, die Reaktionszeiten zu verkürzen und Schäden zu minimieren.
Welche Probleme gibt es häufig bei der ersten Hilfe im Unternehmen?
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass Mitarbeiter sich nicht sicher fühlen, wenn sie erste Hilfe leisten müssen. Gründe hierfür sind:
- Angst vor Fehlern: Viele trauen sich nicht zu helfen, weil sie befürchten, etwas falsch zu machen.
- Unzureichende Schulungen: Oft finden Erste-Hilfe-Kurse nur selten oder gar nicht statt. Das Wissen der Mitarbeiter ist veraltet oder lückenhaft.
- Fehlende Verantwortung: In manchen Unternehmen ist nicht klar geregelt, wer im Ernstfall die Erste-Hilfe-Maßnahmen übernehmen soll.
Gesetzliche Vorschriften zur ersten Hilfe am Arbeitsplatz
In Deutschland ist die erste Hilfe im Betrieb klar geregelt. Laut §10 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zur Unfallverhütung und Erste-Hilfe-Ausrüstung bereitzustellen. Dazu gehören:
- Erste-Hilfe-Kasten: Jeder Arbeitsplatz muss über einen normgerechten Verbandkasten nach DIN 13157 oder DIN 13169 verfügen.
- Erste-Hilfe-Beauftragte: Ab einer bestimmten Unternehmensgröße (in der Regel ab 20 Mitarbeitern) müssen ausgebildete Ersthelfer vorhanden sein. Die Zahl der Ersthelfer richtet sich nach der Mitarbeiteranzahl.
- Regelmäßige Schulungen: Erste-Hilfe-Schulungen müssen regelmäßig, mindestens jedoch alle zwei Jahre, wiederholt werden, um das Wissen aufzufrischen.
Weitere Informationen zu den rechtlichen Vorgaben findest du auf den Webseiten der DGUV und des DRK sowie im Strafgesetzbuch (StGB).
Im Übrigen ist jeder Mensch verpflichtet, in Notsituationen Hilfe zu leisten. Wer bei Unglücksfällen oder in Gefahrensituationen keine Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und zumutbar ist – insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr einzugehen oder andere wichtige Pflichten zu verletzen – macht sich nach § 323c StGB strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe belegt werden.
Erste-Hilfe-Maßnahmen: Schritt für Schritt
Sollte es zu einem Notfall am Arbeitsplatz kommen, gilt es, ruhig zu bleiben und strukturiert vorzugehen. Im Folgenden erhältst du eine Anleitung, wie du richtig handelst:
- Eigensicherung: Bevor du erste Hilfe leistest, stelle sicher, dass keine Gefahr für dich selbst besteht. Beispiel: Bei einem Unfall in einer Produktionshalle solltest du Maschinen ausschalten, bevor du hilfst.
- Notruf absetzen: Rufe umgehend die 112 an. Nenne dabei den genauen Standort, die Art des Notfalls und wie viele Personen betroffen sind.
- Erstversorgung: Leiste erste Hilfe. Dazu gehören das Anlegen eines Druckverbandes bei Blutungen oder die stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit.
- Wiederbelebungsmaßnahmen: Bei Atemstillstand oder Herzversagen musst du sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) beginnen.
- Betreuung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte: Bleibe bei der verletzten Person, beruhige sie und beobachte die Situation. Versuche, relevante Informationen über den Zustand der Person an die Rettungskräfte weiterzugeben.
Materialeigenschaften und richtige Verwendung der Erste-Hilfe-Ausrüstung
Die Erste-Hilfe-Ausrüstung am Arbeitsplatz unterliegt bestimmten Anforderungen. Hierbei spielen Qualität und Funktionalität eine große Rolle. Beispielsweise muss der Verbandkasten nach DIN-Norm nicht nur gängige Verbandsmaterialien wie Pflaster, Binden und Scheren enthalten, sondern auch Materialien für die Wundversorgung und Schutzhandschuhe, um den Helfenden zu schützen. Zudem sollten die Materialien regelmäßig überprüft und bei Bedarf ersetzt werden.
Wichtige Bestandteile eines DIN-Verbandkastens:
- Sterile Kompressen
- Dreieckstuch
- Wundverband
- Rettungsdecke
- Verbandsschere
- Einmalhandschuhe
Übrigens ersetzen zwei kleine Verbandkästen DIN 13157 einen großen Verbandkasten DIN 13169.
Qualitätsunterschiede bei der Erste-Hilfe-Schulung
Die Qualität der Schulungen spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Erste-Hilfe-Maßnahmen. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter von qualifizierten Ausbildern geschult werden. Die Unterschiede in der Qualität von Schulungsanbietern sind erheblich:
Zertifizierte Anbieter: Dein Personal kannst du vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) oder anderen zertifizierten Ausbildern schulen lassen.
Praxisorientierter Unterricht: Der Fokus sollte auf praktischen Übungen liegen, damit sich die Teilnehmer sicher fühlen und im Ernstfall souverän handeln können.
Tipp: Defibrillatoren am Arbeitsplatz
Neben der klassischen Erste-Hilfe-Ausrüstung empfiehlt es sich für Unternehmen, über die Anschaffung eines automatisierten externen Defibrillators (AED) nachzudenken. Ein AED kann bei Herzstillstand Leben retten, indem er dem Herz einen kontrollierten Stromstoß verpasst, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Mittlerweile sind viele Geräte so konzipiert, dass sie auch von Laien sicher bedient werden können.
Fazit: Regelmäßige Erste-Hilfe-Schulungen erhöhen die Sicherheit
Erste Hilfe am Arbeitsplatz ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern unerlässlich, um in Notfällen richtig zu reagieren. Regelmäßige Schulungen, klare Zuständigkeiten und eine gut ausgestattete Erste-Hilfe-Ausrüstung sorgen für mehr Sicherheit und Vertrauen bei den Mitarbeitern. Unternehmen, die hierin investieren, schaffen eine wichtige Grundlage für den Ernstfall und minimieren mögliche Risiken.
FAQ: Häufige Fragen rund um erste Hilfe im Betrieb
Wie viele Ersthelfer braucht ein Betrieb?
Laut den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) muss in Betrieben mit bis zu 20 anwesenden Beschäftigten mindestens ein Ersthelfer vorhanden sein. In größeren Betrieben gilt: In Verwaltungs- und Handelsbetrieben muss ein Ersthelfer pro 20 Mitarbeiter geschult sein. In Produktions-, Verarbeitungs- und Baustellenbetrieben ist ein Ersthelfer pro 10 Mitarbeiter vorgeschrieben. Besonders in größeren Betrieben empfiehlt es sich jedoch, mehr Ersthelfer auszubilden, um im Notfall ausreichend Personal zur Verfügung zu haben.
Wie oft müssen Erste-Hilfe-Schulungen wiederholt werden?
Ersthelfer müssen ihre Kenntnisse regelmäßig auffrischen. Die DGUV schreibt vor, dass die Erste-Hilfe-Ausbildung alle zwei Jahre durch eine Fortbildung erneuert werden muss. Diese Auffrischungskurse sind essenziell, da sie sicherstellen, dass Ersthelfer über die aktuellen Erste-Hilfe-Techniken informiert sind und im Notfall sicher reagieren können. Auch Neuerungen in den Erste-Hilfe-Richtlinien werden in diesen Kursen vermittelt.
Was muss im Erste-Hilfe-Kasten enthalten sein?
Ein Verbandkasten im Betrieb muss den Vorgaben der DIN 13157 (kleiner Verbandkasten) oder DIN 13169 (großer Verbandkasten) entsprechen. Zu den wichtigsten Bestandteilen gehören sterile Wundauflagen, Pflaster, Mullbinden, Verbandpäckchen, Einmalhandschuhe, eine Rettungsdecke sowie eine Verbandsschere. Besonders wichtig ist, dass der Kasten regelmäßig überprüft und verbrauchte oder abgelaufene Materialien ersetzt werden. Viele Betriebe führen diese Überprüfung in einem festen Turnus durch.
Wer trägt die Kosten für Erste-Hilfe-Schulungen?
Zunächst übernimmt der Arbeitgeber die Gebühren für die Erstausbildung und Fortbildung der Ersthelfer. Diese Kosten können je nach Anbieter und Region variieren, sind aber häufig über die Berufsgenossenschaften oder gesetzlichen Unfallversicherungen erstattungsfähig.
Ist ein Defibrillator in jedem Betrieb vorgeschrieben?
Nein, aber die Anschaffung eines AED ist eine sinnvolle Ergänzung zur Erste-Hilfe-Ausstattung, insbesondere in Betrieben mit hohem Publikumsverkehr oder einem erhöhten Risiko für medizinische Notfälle wie etwa Produktionsstätten oder Sporteinrichtungen.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber in Bezug auf Erste Hilfe?
Neben der Bereitstellung von Erste-Hilfe-Ausrüstung ist der Arbeitgeber verpflichtet, ausreichend Ersthelfer ausbilden zu lassen. Zudem muss er sicherstellen, dass ein klarer Notfallplan existiert und den Mitarbeitern bekannt ist. Der Plan sollte neben den Kontaktinformationen der Ersthelfer auch klare Anweisungen enthalten, wie bei verschiedenen Notfällen zu reagieren ist. Die Aushänge mit diesen Informationen müssen an gut sichtbaren Stellen im Betrieb angebracht werden.
Was passiert, wenn keine Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden?
Unterlassene Hilfeleistung ist in Deutschland strafbar (§ 323c StGB). Jeder ist gesetzlich verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten Erste Hilfe zu leisten, solange er sich dabei nicht selbst in Gefahr begibt. Für Mitarbeiter gilt zusätzlich: Unterlässt ein Ersthelfer trotz Ausbildung die Hilfeleistung, kann dies nicht nur rechtliche, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es gibt jedoch keine Haftung für Ersthelfer, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten Hilfe leisten – selbst wenn Fehler passieren.
Wie oft sollte die Erste-Hilfe-Ausrüstung überprüft werden?
Die Erste-Hilfe-Ausrüstung sollte regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich, auf Vollständigkeit und Funktionalität geprüft werden. Dabei wird kontrolliert, ob Materialien abgelaufen sind oder ob gebrauchte Utensilien ersetzt werden müssen.